Auch die Schweizer befassen sich mit Killerspielen. Schön, aber wenn dabei solch seltsame Aussagen zutage treten, dann frage ich mich schon, ob die „Experten“ auch wissen, wovon Sie da reden.
zuonline.ch führte ein Interview mit Peter Weishaupt, Geschäftsleitendem des Schweizerischen Friedensrates. Darin sagt Herr Weishaupt u.a.:
Diverse Amokläufe haben die Diskussion um sogenannte Killergames neu entfacht, weil die Täter angefressene «Gamer» waren. Besonders erschreckend fand ich, dass der Amoklauf im deutschen Winnenden im März dieses Jahres der 1:1-Umsetzung eines solchen Computerspiels gleichkam. Die Art, von Schulzimmer zu Schulzimmer zu gehen und Mitschüler mit punktgenauen Kopfschüssen hinzurichten, entspricht ziemlich genau dem «Training» auf dem Bildschirm.
Bitte, Herr Weishaupt, zeigen Sie mir besagtes Spiel, in dem man in einer Schule von Klasszimmer zu Klassenzimmer geht und wehrlose Mitschüler umbringt. Keinesfalls entspricht es „ziemlich genau“ dem, was man in einem so genannten „Killerspiel“ wie Counter-Strike, Call of Duty oder meinetwegen auch Battlefield 2 macht. Sicher, bei GTA ist es möglich, Zivilisten zu töten, doch auch hier finden keine Amokläufe in Schulen statt.
Weiter:
An die Stelle von Spielzeugwaffen sind Kriegsspiele auf dem Computer und im Internet getreten. Diese haben eine andere Qualität als ein Plastikgewehr. Sie liefern sehr realistische Bilder, da spritzt Blut, wenn jemand erschossen wird – das sind keine symbolischen Darstellungen mehr. Und im Gegensatz zu einem Film ist der Spieler nicht bloss passiver Zuschauer, sondern interaktiver Kämpfer. Es ist ein richtiggehendes «Training». Zum Problem werden solche Spiele aber erst, wenn Kinder sie unkontrolliert spielen.
Danke zunächst für den letzen Satz, dieser relativiert die doch eher weit hergeholten Aussagen von vorher etwas. Ich verstehe nämlich nicht wirklich, warum ein Spielzeuggewehr, das eine haptische Nachbildung einer realen Schusswaffe darstellt, mit der man realistisch auf ein Ziel anlegt und dann ggf. auch Schussgeräusche produziert (ob nun über Knallplätzchen oder mit dem Mund), weniger „Waffentraining“ sein soll als mit Tastatur und Maus (!) ausgefochtene virtuelle (!) Gefechte zu spielen. Natürlich ist die Darstellung in aktuellen Spielen (siehe CoD 6 – Modern Warfare 2) sehr realistisch, was die Waffenwirkung betrifft. Wirklich Schießen lernt man hierbei jedoch nicht!
Dem passiven Zuschauer werden Entscheidungen abgenommen, er muss nicht moralisch sein, denn auf den Lauf eines Film hat er keinen Einfluss. Ist deshalb „John Rambo“, einer der mit Abstand blutigsten Filme der letzen Jahre, weniger „gefährlich“ als eine Partie „Modern Warfare 2“ am Rechner? Gerade dadurch, dass der Zuschauer nicht selbst handelt, nicht selbst über das Getane nachdenken muss, sehe ich eher Filme als „gefährlicher“ an, was die oft angesprochene „Verrohung“ angeht. Bei einem Spiel hingegen entscheiden eigene Aktionen, man muss sich mit dem, was passiert auseinandersetzen, man ist nicht nur bloßer Konsument. Erschieße ich in einem Spiel einen Hilflosen, so ist es meine Handlung gewesen, geschieht dies in einem Film, kann ich die Verantwortung abgeben.
Zum Schluss äußert sich Herr Weishaupt noch zu einem möglichen Verbot solcher Spiele:
Nein, ich bin gegen ein totales Verbot. Statt diese Dinge ganz von den Kindern fernzuhalten, sollten wir sie zu Selbstbewusstsein und Konfliktfähigkeit erziehen und ihnen beibringen, auch das Gefühl von Frust auszuhalten. Ich finde aber, der Staat sollte regulierend eingreifen, indem er Altersbegrenzungen durchsetzt oder wie in Deutschland gewisse besonders krasse Elemente aus den Spielen verbannt.
Immerhin sieht er die Lage aus einem vernünftigen Blickwinkel. Dennoch finde ich es eine Unverschämtheit, dass mir als volljährigem, wahlberechtigtem, steuerzahlendem Bürger vom Staat vorgeschrieben werden soll, welche Form ein Medium haben soll, zu dem ich Zugang haben darf. Wenn ein Spiel ab 18 Jahren freigegeben ist, dann hat der Staat da seine Finger rauszulassen, es sei denn, es verstösst tatsächlich gegen geltendes Recht. Bei den meisten Spielen, die der USK-Schere zum Opfer fallen, ist dies aber nicht der Fall, da geht es meist nur um Alibi-Schnitte, um den besorgten Eltern zeigen zu können, wie sehr man sich um dem Jugendschutz sorgt. Währenddessen laden die lieben Kleinen sich den ganzen Scheiß sowieso uncut illegal runter.
Nochmal zum Thema „Waffentraining“. Als schußwaffeninteressierter Mensch, der auch so ziemlich jeden besseren Shooter gespielt hat, müsste ich, nach Aussagen wie der oben getroffenen, sehr gut im Umgang mit echten Waffen geschult sein. Bin ich nicht. Ich trainiere also einzig den virtuellen Umgang mit virtuellen Waffen, indem ich mich durch virtuelle Gebiete begebe und auf virtuelle Feinde schieße. Dabei spielen aggressive Gefühle kaum eine Rolle, im Gegenteil, wenn man genervt und frustriert ist, gewinnt man in „Killerspielen“ keinen Blumentopf. Auf Konzentration, Reaktion und vor allem Disziplin kommt es dabei an, blind nach vorn stürmen und auf alles Ballern, was sich bewegt, führt fast nie zum Ziel.