Gestern habe ich tatsächlich durch Zufall mal „Stern-TV“ gesehen, zumindest einen Beitrag. Da rannte ein Typ durch die Räumlichkeiten der USK in Berlin Friedrichshain und machte ein bedeutungsschwangeres Gesicht. Das sah interessant aus.
Stefan Stein hat ein Programm entwickelt, das alle (?) auf einem PC installierten Spiele findet und jeweils die USK-Freigabe anzeigt. Wie, das ist schon alles? Eine Funktion, die Vista theoretisch als Standard mitbringt, wenn der interne Spielebrowser funktionieren würde… Der Sinn dieses innovativen Stücks Programmierkunst soll nun darin liegen, dass Eltern mit wenigen Mausklicks herausfinden können, was ihre Sprößlinge so spielen.
Im Artikel auf Stern.de liest sich das ganze so:
Um jugendgefährdende Inhalte von ihren Kindern fernzuhalten, waren sie bisher auf so genannte „Jugendschutz-Filter“ angewiesen. Das Problem: Findige Kinder umgehen die Sperren – und laden sich dann doch fragwürdige Killerspiele aus dem Netz auf ihre Rechner.
Ja, und natürlich ist der neue Super-Duper-Jugenschutzprogrammdings unknackbar.
Weiter heißt es:
Der 28-jährige Stefan Stein hat nun ein Programm entwickelt, das Eltern – auch ohne PC-Kenntnisse – die Möglichkeit geben soll, nicht altersgemäße Spiele auf dem PC ihres Nachwuchses zu finden und zu löschen.
Aha, ohne PC-Kenntnisse. Das Programm installiert sich also über telepathische Befehle ganz von selbst. Cool.
Auf die Idee gekommen war Stein durch seine Mutter, die als Lehrerin arbeitet. Eine Umfrage an ihrer Schule hatte ergeben: Schon Fünftklässler zocken massenhaft mit Spielen, die eigentlich erst für Volljährige zugänglich sein sollen.
Spitzenidee! Man bringt eine Software, die von den Eltern, die kaum Ahnung vom (eigenen?) PC haben genutzt werden soll auf den Markt und tut dann so, als hätte man etwas für den Jugendschutz getan. Dass es viel bedenklicher ist, dass der Nachwuchs offenbar unkontrolliert Zugang zu Computerspielen (ob nun gekauft oder illegal heruntergeladen) hat, scheint nicht zu interessieren.
Zu finanziellen Dimension:
Fast vier Jahre hat die Entwicklung der Software gedauert. Und 70.000 Euro Privatvermögen hat die gesamte Familie investiert. Die notwendige Unterstützung bekam der 28-Jährige am Ende von der „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“, kurz USK, einer Organisation der Spieleindustrie, die aber von den Bundesländern überwacht wird. Die USK hat Stefan Stein mit den relevanten Daten der rund 500 Spiele versorgt, damit er sein Programm damit füttern konnte.
Was bitte kostet an einem Programm, dass statische Daten zu Spielen enthält (gut, es kann übers Netz aktualisiert werden) und im Prinzip nichts anderes macht als die Einträge in der Registry zu prüfen 70.000 €? Selbst wenn Herr Stein jedes der 500 Spiele gekauft hätte, käme nicht so eine Summe zusammen. Außerdem wäre eine Reise in die Räulichkeiten der USK nicht nötig gewesen, denn die Daten sind im Netz sowieso frei verfügbar. Einfach unter „Prüfdatenbank“ nachschauen, da steht alles drin. Und wenn Sie schon dabei sind, schauen Sie doch mal, wieviele Spiele die USK tatsächlich pro Jahr prüft und welcher sehr, sehr geringe Anteil davon „keine Jugendfreigabe“ trägt. 500 Titel sind lächerlich wenig, allein die Rubrik „Shooter => Ego“ zeigt 534 Treffer für den PC. „Shooter => 3rd Person“ zeigt weitere 97 Titel.
Die ganze Sache ist medienwirksam inszenierter Unfug unter dem Deckmantel des Jugendschutzes. Wenn sich Eltern auf eine solche Software verlassen, stehen sie ob ihrer ach so cleveren Kinder genauso dumm da wie vorher. Wahrscheinlich finden sich schon jetzt Methoden im Netz, mit denen man den „NeoGuard“ umgehen kann. Schön auch, dass der Shop unter http://www.neoguard.de/ derzeit nicht erreichbar ist. Wurde wahrscheinlich von Killerspielern gehackt…