Amok am Bildschirm

Manchmal ist das Leben echt unheimlich. Zwei Tage vor dem Massaker in Norwegen habe ich Uwe Bolls „Rampage“ gesehen, ein Film über einen Amokläufer, der in seinem  Blutrausch eine halbe Stadt auslöscht (und zuerst das Polizeirevier mit einer Bombe in einem ferngesteuerten Lieferwagen in die Luft sprengt) und (in der internationalen Fassung!) am Ende davonkommt. In der deutschen Fassung (KJ) wurde natürlich an vielen Stellen die sehr exzessive Gewalt geschnitten und, das ist wirklich ein Hammer, das Ende umgeschrieben. In Deutschland wird der Killer am Ende gefasst und hingerichtet. Es gibt wohl auch eine deutsche Fassung, die ungeschnitten sein soll.

httpv://www.youtube.com/watch?v=VSRSoncoV4k

Filmisch betrachtet sicher einer von Bolls besseren Filmen, was aber angesichts der grottigen anderen Machwerke auch nicht allzu schwer gewesen ist. Auf jeden Fall sollte „Rampage“ als sozialkritischer Film verstanden werden, Szenen mit Bills Eltern oder die Sequenz in der Bingohalle zeigen das recht deutlich. Die sehr krass dargestellte Gewalt ist sicher nicht jedermanns Sache, besonders nach den Ereignissen in Norwegen. Leider ein Film, der denen in die Hände spielt, die sowieso schon immer der Überzeugung waren, dass Medienkonsum Menschen zu Killern macht. „Rampage“ kann leicht als Anleitung zum Amoklauf missverstanden werden. Wobei auch im Falle des norwegischen Irren das Wissen um den Umgang mit Waffen in einem (Trommelwirbel!) Schützenverein erworben wurde und nicht etwa in Modern Warfare 2. Naja, dass die Norweger da etwas weniger rational reagieren ist verständlich. Ich kann dazu nur sagen, dass ich MW2 intensiv und sehr lange gespielt habe und noch immer nicht das Bedürfnis verspüre, im großen Stil andere Menschen zu töten. Aber hey, was nicht ist, kann ja noch werden…Ende des Jahres erscheint Battlefield 3.

 

Tatort-Unsinn

Vor ein paar Tagen habe ich durch Zufall eine alte Tatort-Folge („Todesengel“) gesehen, die so vollgestopft mit Unsinn war, dass mich das Zusehen von Minute zu Minute mehr aufgeregt hat. Ein Heckenschütze schießt auf Menschen, die Kommissare nehmen die Ermittlungen auf und finden was? Einen Schüler, der von seinen Mitschülern gehänselt wurde, zu Hause im stillen Kämmerlein Computerspiele (gemeinhin auch als „Killerspiele“ bekannt) spielt, dessen Vater ihn im Umgang mit Scharfschützengewehren (!) ausgebildet hat und der sich zum Abschluß der Geschichte auch noch supertheatralisch das Leben nimmt. Gut, eine Anhäufung dummer Klischees ist das eine, aber die Darstellung der Kommissarin, des SEK-Teams und der Polizei an sich lassen eher vermuten, dass der Drehbuchautor damit eine Farce statt eines ernstzunehmenden Krimis schreiben wollte. Das SEK macht was es will, hält sich nicht an Anweisungen der ermittelnden Kommissarin, die örtliche Polizei gibt ohne Erlaubnis Informationen weiter und lässt sogar die Eltern des Täters mit einem Megaphon (natürlich auch von der Polizei) auf das Gelände, um Sohnemann zum aufgeben zu überreden.

Die Krone setzt dem Ganzen aber die Kommissarin Inga Lürsen auf. Diese meint, durch gutes Zureden und sich-direkt-in-die-Schussbahn-stellen den Amokläufer zum Aufgeben motivieren zu können. Was ist denn das für ein Quatsch? Ich stelle mich nicht vor einen vermeintlich ausgetickten Amokläufer, von dem ich annehme, dass er seine Tat lange geplant hat, dass er Schießerfahrung hat und dass er sich mit der Polizei anlegen will. Klar, das lernt man sicher bei der Ausbildung zum Kommissar. Natürlich, statt auf die Kommissarin zu schießen, was in diesem Szenario realistisch gewesen wäre, schießt er absichtlich vorbei. Was tut die Kommissarin? Statt nun endlich den Kopf unten zu behalten, will sie erneut in den Weg springen…dann wird noch der (Stief?)Mutter in den Arm geschossen und schließlich sprengt sich der Täter mittels rein zufällig direkt neben ihm stehender Gasflaschen in die Luft. Schönes Ende, mit dem der Konflikt nicht gelöst wurde, und der Drehbuchschreiber sich kein echtes Ende ausdenken musste. Wobei der Umgang der Eltern und der Polizei mit einem überlebenden Amokläufer mal wirklich spannend gewesen wäre, nein, stattdessen wird der einfache Weg gewählt. Das kommt dabei raus, wenn jemand Drehbücher schreibt, der von der Materie keine Ahnung und gleichzeitig keine eigenen Ideen hat. Armer Tatort. So einen Unfug hat die Reihe nicht verdient.

Mobbing & Amok

Schönes Zitat:

„Wir gehen jedem Fall nach, führen Gespräche mit dem Betroffenen, oft auch mit den Eltern, suchen teilweise auch das Zimmer auf, prüfen, ob derjenige Zugang zu Waffen oder indizierten Computerspielen hat.“

Das Zitat entstammt einem Artikel über (Cyber)-Mobbing, in dem postuliert wird, das Betroffene häufig mit Amokgedanken spielen würden. Der Querschluss zwischen Waffen und indizierten Computerspielen ist großartig! Sofern die Kinder minderjährig sind, kann die Polizei ja zumindest die Eltern gleich mal in Gewahrsam nehmen, wenn der 14-jährige Sprössling ein indiziertes Spiel auf seinem hochgezüchteten Spieleboliden hat, den er sonst natürlich nur für Hausaufgaben nutzt. Es lebe der Jugendschutz!